Drei Premieren und ein Todesfall

Die erste Einzelausstellung vor zehn Jahren, die erste Besucherin der Vernissage, der erste rote Punkt an einem Gemälde. Diese drei Premieren gehören untrennbar zusammen.

Im Winninger Rathaus hatte ich 2012 zur Ausstellung „Kabinettstücke“ eingeladen. Es war sozusagen mein Coming Out als Malerin (siehe auch Menüpunkt „Ausstellungen“ auf dieser Homepage).

Obwohl ich mehr als eine Stunde vor Ausstellungseröffnung am Rathaus war – eine Besucherin wartete schon vor der Tür. Ich kannte sie flüchtig und mochte sie sehr.

Kaum fünf Minuten später hatte sie ein kleines Stillleben gewählt, bat mich eindrücklich um Reservierung. Und so klebte ich zum ersten Mal in meinem Leben einen roten Punkt als Zeichen der Reservierung an ein Gemälde. Das verdanke ich auch einem Freund, der sich einen Tag zuvor erkundigt hatte, ob ich für die roten Punkte gesorgt hätte. In der Annahme, dass niemand Kaufinteresse an einem meiner Gemälde und Zeichnungen haben würde, lachte ich ihn aus, dass ich solche nicht benötige. Aber ich tat ihm den Gefallen und klebte während der nächsten Tage sogar weitere neun rote Punkte. Ich hatte sie mit einem Stück Doppelklebeband, rotem Papier und Locher schnell hergestellt.

Vor ein paar Tagen rief mich die Tochter der ersten Besucherin an und bot mir an, das Bild an mich als Geschenk zurückzugeben. Die Mutter sei vor einem Jahr verstorben, und sie fände es schön, wenn es wieder zu mir als Schöpferin zurückkehren würde. Es gefiel ihr gut, aber sie habe keinen Platz mehr für zusätzliche Bilder. Diese Geste hat mich sehr berührt und ist, bis auf den traurigen Anlass, eine Freude. Nun ist es wieder bei mir, steht für den Gatten gut sichtbar auf dem Esstisch und ist sein neuestes Lieblingsbild. Den damaligen Kaufpreis habe ich selbstverständlich nicht behalten, sondern an „Ärzte ohne Grenzen“ gespendet.

Die Käuferin, von deren Tod ich nichts wusste, wird mir auch ohne die Rückkehr des Bildes in guter Erinnerung bleiben. Sie war sehr besonders – lebhaft und natürlich, warmherzig und großzügig und eine Frau, die man niemals als alt bezeichnet hätte, obwohl sie mehr als 80 Jahre gelebt hat.

Ich wünsche euch auch eine unerwartete Freude und bleibt gesund!