Ein ganzes halbes Jahr

Es ist tatsächlich ein ganzes halbes Jahr her, dass ich zuletzt im Blog einen Beitrag veröffentlicht habe. Wegen der Pandemie habe ich kaum das Haus verlassen und nichts erlebt, was einen Bericht gerechtfertigt hätte. Ab heute werde ich versuchen, jeden Donnerstag einen Beitrag zu veröffentlichen.

Das Foto deutet an, was heute Thema ist. Die Farben der Ukraine sind in diesen Tagen nahezu allgegenwärtig, und sie leuchten auch auf dem Foto. Was nicht von mir stammt, sondern aus dem Internet. Zum ersten und einzigen Mal habe ich ein Foto dem Internet entnommen. Es heißt, der Zweck heilige die Mittel. Sollte sich ein(e) UrheberIn melden, werde ich das erklären und sie oder ihn entschädigen.

Als 1998 in Winningen wieder einmal ein Trachtentreffen mit Tanz- und Trachtengruppen aus dem In- und Ausland stattfand, bot ich dem Veranstalter an, zwei Personen in der Villa Rosa aufzunehmen. So wurden wir für einige Tage Gastgeber und Familie auf Zeit für zwei junge Ukraniner aus Kiew. Die beiden Jungs im Alter irgendwo zwischen Teenager und Mann waren freundlich und offen, bescheiden und dankbar, interessiert an allem Neuen und mit Begeisterung auf der Bühne.

Vor dem ersten von zahlreichen Auftritten fragten sie, ob ein Bügeleisen vorhanden sei, um ihre Kostüme in Ordnung zu bringen. Das wollte ich sogleich erledigen, aber ich hatte keine Chance. Sie taten es selbst, und ich kam aus dem Staunen nicht heraus. Sie bügelten den Stoff nicht glatt, sondern streichelten ihn geradezu glatt. Noch nie habe ich selbst mit einer solchen Sorgfalt diese ungeliebte Tätigkeit erledigt. Da hat eine Mama in der Ukraine tolle Erziehungsarbeit geleistet.

Die Darbietungen der Gruppe waren großartig, die fundierte Ballett- und Turnausbildung mehr als offensichtlich. Das Foto zeigt die Gruppe während des Festzugs. Mit genug Proviant für die lange Busreise zurück nach Kiew, modischen Jeansjacken für die Jungs und reichlich Gummibärchen für die von ihnen vergötterte kleine Schwester brachte ich sie zum Bus. Nach fast einem Vierteljahrhundert weiß ich ihre Namen nicht mehr, aber ich habe sie nie vergessen. Sie sprachen kein Deutsch, so gut wie kein Englisch, so wie ich weder Ukrainisch und Russisch spreche. Aber wir haben uns verstanden.

Bleibt gesund und zuversichtlich, dass in der Ukraine wieder getanzt werden wird. Irgendwann. Möglichst bald!